Bergische Morgenpost am 04.03.2017
von Wolfgang Weitzdörfer
Wermelskirchen
Englische Pfeifen für die Orgel in der Stadtkirche
Nach außen hin scheint sich in der evangelischen Stadtkirche am Markt derzeit nicht viel zu tun. Die Orgel des Kölner Orgelbauers Willi Peter, die 1969 in der Kirche ihren Platz gefunden hatte, thront nach wie vor über der Gemeinde. Nichts deutet darauf hin, dass sich bald eine ganze Menge ändern wird. Aber Presbyterin Stefanie Schüller bringt das Problem auf den Punkt: „Sie sieht hübsch aus – klingt aber ganz und gar nicht mehr so“, sagt sie.
Zeit und Staub der letzten 50 Jahre hätten die Orgel nicht nur verschmutzt, sondern auch die Technik in einen desolaten Zustand versetzt: „Die Überholung der Elektrik ist dringend notwendig, sie muss etwa an heutige Sicherheitsstandards angepasst werden“, erklärt die Presbyterin. Zudem müsse die Orgel gereinigt und auch gestimmt werden: „Eine Orgel ist zwar wuchtig und groß, aber auch sehr empfindlich. Und dass sie sehr lange nicht mehr gestimmt wurde, hat sich auch im Klang niedergeschlagen“, sagt Schüller.
Und so hatte das Presbyterium Mitte 2016 den Entschluss gefasst, die Orgel zu sanieren. Durch einen glücklichen Zufall sei man mit der Gemeinde der St. Luke’s Church in Winnington/Großbritannien in Kontakt gekommen. „Die Gemeinde musste ihre Kirche aus Altersgründen abreißen. Darin stand eine Conacher-Orgel von 1906“, erzählt Schüller. Diese sei günstig zu bekommen gewesen, weil sie in einem Seitenschiff der Kirche verbaut gewesen sei. „Die Gemeinde hätte sie also gar nicht im Ganzen verkaufen können“, sagt Schüller. Die Zielsetzung des Presbyteriums sei daraufhin geändert worden: So soll die vorhandene Peter-Orgel mit der Conacher-Orgel in einen Kontext gesetzt werden und die beiden Instrumente sollen einander ergänzen.
Der Klang wird sensationell werden, ist sich die Presbyterin sicher: „Da wird sich der Altenberger Dom umschauen“, sagt sie lachend. Wichtig sei für die Gemeinde, die Leute für die Kirche und die Orgel zu begeistern. Für die Renovierung sind 200.000 Euro angesetzt. Ein großer Teil bezahlt die Gemeinde: „Die Renovierung war ja dringend nötig und Eigentum verpflichtet natürlich“, sagt Schüller. Allerdings habe man zudem ein sogenanntes Fundraising-Team auf den Plan gerufen, dass sich um möglichst viele Spenden bemüht. Schüller: „Der großartige Klang soll durch Spenden mitfinanziert werden.“
Im Herbst dieses Jahres soll die Renovierung durch den Orgelbaumeister Stephan Oppel aus Gellinghausen beginnen. „Im Jahr 2018 werden wir wohl keine Hauptorgel haben, sondern nur eine Chororgel im vorderen Bereich der Kirche“, sagt Schüller. Sie gehört dem Fundraising-Team, das mit verschiedenen Aktionen, zum Beispiel Konzerten, bereits knapp 20.000 Euro an Spenden akquiriert hat. Aber auch in Sachen Orgel-Werbung ist das Team aktiv: So hat es Tassen im Programm, auf denen der Spruch: „Was wäre Wermels ohne Kirchen?“ steht. Und auch die Orgelpatenschaften laufen richtig gut. 80 solcher Patenschaften für Orgelpfeifen gebe es schon, sagt Schüller: „Gerade zu Weihnachten sind viele Patenschaften als Geschenk verkauft worden, denn man bekommt so nicht nur einen ganz eigenen Ton, sondern auch noch eine schöne Urkunde überreicht.“ Und es sind noch jede Menge solcher Patenschaften möglich, sagt Schüller schmunzelnd. „Schließlich sind es insgesamt etwa 4300 Orgelpfeifen.“