„Gaby Goldberg nimmt Zuhörer mit auf den Mond
von Theresa Demski, Bergische Morgenpost am 09.08.2021:
Im Grunde ist es mit dem ersten Streichen des Bogens über die Saiten des Kontrabasses um das Publikum geschehen. Noch bevor Sängerin Gaby Goldberg überhaupt die Bühne in der Stadtkirche erreicht hat, bevor Schlagzeuger Marcel Wasserfuhr sein ganzes Können gezeigt oder Pianist Tobias Weindorf seine Finger im rasenden Tempo über die Tasten geschickt hat, macht Paul G. Ulrich die Sache klar. Er braucht nur einen Takt, nur eine Melodie, um die Zuschauer vom Jazz in der Stadtkirche zu überzeugen. Die Bravo-Rufe klingen schon mit seinem ersten Solo durch die Kirche.
Ihnen werden im Laufe des Samstagabends noch viele folgen: „Gaby Goldberg And Friends“ sind bei der Sommerserenade zu Gast, die wegen des Regens erneut vom Kirchplatz in die Stadtkirche umziehen muss. „Wir haben so lange nicht mehr in einem Gebäude gespielt: Wir freuen uns“, bekennt Gaby Goldberg dann auch, als sie nach den ersten Tönen ihrer Musiker die Bühne erreicht hat. Es ist richtig voll geworden an diesem Abend in der Stadtkirche, unter Corona-Regeln ist kaum ein Platz frei geblieben. Viele haben vor dem Konzert eine Runde durchs Gemeindezentrum gedreht, um die Werke des Kunstvereins zu betrachten und sich ein Gläschen Wein schmecken zu lassen. Ganz augenscheinlich sind unter den Zuhörern in der Kirche aber auch viele, die nicht zum ersten Mal den Jazztönen der vier Musiker lauschen. Wer genau hinsieht, erkennt die Hinweise auf die Wissenden, auf echte Fans, auf Menschen von außerhalb, die mit geschlossen Augen, tippenden Fingern und schwingenden Füßen den Melodien der Musiker folgen. Manchmal lässt ein Zuhörer gedankenverloren seine Finger über eine imaginäre Klaviatur sausen, weil ihm die Töne von Pianist Tobias Weindorf scheinbar in Mark und Bein gehen. Manchmal nicken Köpfe scheinbar zustimmend im Rhythmus. Und der Applaus fällt an diesem Abend besonders herzlich und reichlich aus.
Die Musiker haben sich das verdient – schon deswegen, weil ihre Songauswahl an diesem Abend so bunt ist, dass nicht nur jeder der Musiker, sondern auch jeder Zuhörer auf seine Kosten kommt. Gaby Goldberg und Bassist Paul G. Ulrich steigen so gefühlvoll und gekonnt in Sinatras „Fly Me To The Moon“ ein, dass der Zuhörer den Refrain kaum abwarten kann. Marcel Wasserfuhr zeigt dann bei den brasilianischen Klängen so viel Genie und Leidenschaft beim Trommeln, das sich die Köpfe recken, um ihm bei der musikalischen Arbeit zusehen zu können. Seine Töne spüren die Zuhörer bis in den Bauch. Tobias Weindorf scheint Nat King Cole und sein „Straighten Up & Fly Right“ für einen Augenblick in die Gegenwart zu holen. Ob gefühlvolle Balladen von Hoagy Carmichael oder Jazzklänge, die Musicals entliehen sind: Weindorf verschenkt keinen Ton und macht aus jeder Melodie ein Erlebnis.
Währenddessen scherzt Gaby Goldberg gut gelaunt mit Publikum und Musikern, sie tanzt, klatscht, genießt und brilliert vor allem mit Stücken, die einst Sinatra auf die Bühne brachte wie „The Girl Next Door“, „I‘m Beginning To See The Light“ oder „The Song Is You“. Das Publikum dankt es ihr und ihren Musikern mit großem Applaus.
Am Ausgang sammelt die Kirchenmusik der Evangelischen Kirchengemeinde dann erneut für die Feuerwehrleute in Unterburg statt für die eigene Orgel. Bereits die ersten beiden Auflagen der Sommerserenade hatten zugunsten der Ehrenamtlichen stattgefunden, die im Hochwasser im Einsatz waren. Die Besucher spenden und verlassen die Kirche schließlich summend, tänzelnd und dankbar für einen melodienreichen Abend.