Auf den Spuren einer englischen Königin – Teil I
Große Dinge werfen ihre Schatten voraus. Unser Presbyterium hat am 10.06.2016 beschlossen, dass die „Königin der Instrumente“ (Mozart), die Orgel unserer Stadtkirche, saniert und erweitert werden wird. Wie häufig bei großen Projekten, sollen die dafür benötigten ca. 200.000 Euro durch Eigenmittel und Spenden zusammengetragen werden.
Ist das denn nötig, fragte jemand? Das Presbyterium sagte hierzu nach intensiver Beratung mit großer Mehrheit JA! Unterstützt wurden die Presbyter durch die Fachberatung von Michael Müller-Ebbinghaus, dem Orgelsachverständigen des Landeskirchenamts in Düsseldorf.
Die Orgel der Stadtkirche wurde von Willi Peter in den späten 1960er Jahren neu erbaut. Von einer Vorgängerorgel wurde lediglich die historische Fassade weiterverwendet und um drei moderne Gehäuseteile ergänzt. Der Klang der Orgel orientierte sich am Zeitgeschmack und wurde vornehmlich zur Darstellung zarter barocker Sololiteratur konzipiert. Heute ist das Instrument renovierungsbedürftig und leider nur noch bedingt einsetzbar. Kurzum: Es besteht Handlungsbedarf.
Was soll man im Jahr 2016 mit einer verbrauchten Orgel tun? Alles abreißen? Neu bauen? Ein Neubau in der nötigen Größe würde eine halbe bis Dreiviertelmillion Euro verschlingen und schied daher aus.
Ein erster Schritt in die richtige Richtung wurde bereits vor Jahren unter Regie von Kantor Johannes Meyer unternommen. Damals wurde ein Register im Pedal getauscht.
Erst jetzt allerdings wurde im Zuge der Generalsanierung der große Wurf geplant: Die Windversorgung der Orgel ist unzureichend und viele der verbauten ca. 1500 Dichtungen sind verbraucht. Dieses führt zur Unstimmbarkeit wichtiger Pfeifen. Weiterhin soll die Elektrik auf den heutigen Stand gebracht werden.
Eine „perfekte“ und nachhaltige Lösung des klanglichen Problems ist unserer Gemeinde im Jahr 2015 quasi in den Schoß gefallen: In der englischen Diözese Liverpool sollte eine Kirche abgerissen werden. Die dort installierte Orgel besitzt die höchstmögliche Zertifizierung als historisches Monument. Sie wäre trotzdem fast der Abrissbirne zum Opfer gefallen, weil in England kein geeigneter Käufer gefunden werden konnte.
Im letzten Moment erhielten wir Orgelsachverständige von diesem wertvollen Instrument Kenntnis und ersonnen einen Plan: Die Orgel könnte nach Wermelskirchen verbracht werden. Der kräftig warme, vornehme und romantische Klang des englischen Instrumentes wäre die ideale Ergänzung für unsere Orgel, die dann in ihrer Konzeption weitgehend so belassen werden könnte, wie sie ist.
Beherzt griff unser Wermelskirchener Förderverein für Kirchenmusik e.V. zu und erwarb die Orgel des berühmten Orgelbauers Peter Conacher für symbolische 1000 Pfund Sterling. Der Bereichsausschuss der Stadtkirche bewilligte den Transport. Kurz darauf befanden sich der Orgelbauer Stephan Oppel aus dem Sauerland und ich mit einem großen LKW auf dem Weg nach Liverpool. Doch das ist eine andere Geschichte, von der ich im nächsten Beitrag erzählen möchte.
Soviel sei einstweilen schon verraten: Die englische „Königin“ ist ein Traum! Nach der Renovierung wird unsere Orgel den Gemeindegesang sicher führen können und viele wunderschöne und genau auf den Raum abgestimmte Klangfarben bieten. Mit Hilfe des neuen Klangkonzeptes wird auch die Darstellung der Musik des 19. Jahrhunderts überzeugend möglich sein. Man kann sich schon jetzt auf schöne Orgelmusik in zukünftigen Gottesdiensten und Konzerten freuen.
Haben Sie Fragen, Anregungen zur Orgel und zur Kirchenmusik, dann sprechen Sie mich gerne an!
Ihr Kantor Andreas Pumpa